Agilität ist mehr als nur eine neue Methode. Was ist bei der Agilisierung eines Unternehmens oder eines Team wichtig? Ein Fachbeitrag von Stefano Trentini, Agilitätsexperte der ersten Stunde, über seine Erfahrungen bei der SBB IT.
«Agilität wird oft als eine neue dynamische Methodologie auf Teamebene dargestellt. Der Eindruck entsteht, dass mit einem neuen Vorgehen und vielen bunten Post-its alte Probleme der Projektabwicklung angegangen werden. Aus meinen Erfahrungen bei der SBB IT (Organisation mit mehr als 2000 Mitarbeiter) weiss ich, dass in der Einführung von Agilität selten die Sicht des Top Managements berücksichtigt wird. Diese Lücke möchte ich mit diesem Fachbeitrag / Blog schliessen.»
Als wir in 2015 mit der Transformation angefangen haben, war unsere Motivation komplexe IT-Projekte schneller und zuverlässiger abwickeln zu können. Im Verlauf der Transformation hat sich gezeigt, dass aus Sicht der Geschäftsleitung mehr Potenzial in Agilität steckt und die Transformation anspruchsvoller ist als gedacht.
Zuerst haben wir die Agilität als eine neue besonders clevere Methode betrachtet. Erst allmählich haben wir die Erkenntnis gewonnen, dass mehr dahintersteckt. Mit dieser Erkenntnis haben wir der Versuchung widerstanden einfach ein Framework einzuführen. Stattdessen haben wir uns mit kulturellen und Führungs-Aspekten auseinandergesetzt und dabei das Potenzial von Agilität jenseits der Methodik entdeckt.
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Wenn Agilität als neue Organisationsform betrachtet wird, hat sie das Potenzial die Organisation radikal produktiver zu machen. Das hat auch Frederic Laloux in seinem Buch «Reinventing Organizations» aufgezeigt.
Der Gewinn manifestiert sich in substantiellen Kostensenkungen (im Falle der SBB IT ca. 20%), einer stärkeren Innovation und der Fähigkeit schneller auf Veränderungen reagieren zu können (Resilienz).
Jede Organisationstransformation braucht das Engagement der obersten Führung. Das gilt identisch für die Transformation zur Agilität. Und doch ist hier das persönliche Engagement noch bedeutender, weil der Kern der Veränderung in einem neuen Führungsverständnis liegt. Bisher leben wir meist in einem tayloristischen Verständnis der Organisation in der «oben» gedacht und gesteuert und «unten» umgesetzt und gearbeitet wird. In einer agilen Organisation werden Entscheidungen und Konzepte durch diejenigen gemacht, die im Thema die höchste (Fach-)Kompetenz haben. Das Management hat die Aufgabe die Voraussetzungen zu schaffen damit die Mitarbeiter Ihre Kompetenz am effektivsten einsetzen können. Im Detail heisst das:
Eine grosse positive Veränderung bedeutet eine entsprechende Investition und ist mit Risiken verbunden. Eben weil Agilität nicht einfach eine gute neue Methode ist, rate ich von einer Einführung ab, wenn entweder die zwingende Notwendigkeit nicht besteht oder die Investitions- oder Risikofähigkeit nicht gegeben ist.
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Autor dieses Fachbeitrags ist Stefano Trentini, Managing Partner und Senior Management Consultant bei Project Competence.